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Zugang zu Hochschulbildung in Deutschland ist für geflüchtete Menschen mit offenem Asylstatus häufig ein utopisches Ziel. Nach der Ankunft folgt meist langes Warten und Ungewissheit. In diesem Zeitraum sind den jungen Geflüchteten die Hände gebunden. Schwierigkeiten wie das Lernen einer neuen Sprache und der Zugang zu einer Universität kommen auf sie zu. An dieser Stelle setzt das soziale Startup Kiron an. Mit Niederlassungen in Deutschland, Frankreich, der Türkei und Jordanien bietet sie ein weitestgehend englischsprachiges Bildungsangebot und zum Studium weitere ergänzende Services wie Sprachkurse oder Mentoring an.
Ein Beitrag im Rahmen der GLS Blog Kooperative.
Kiron – Unternehmen als Partner und Stipendiengeber
Kiron möchte Unternehmen dazu animieren, Stipendien für Geflüchtete zu ermöglichen. Für die Studierenden ist das Bachelorprogramm nicht mit zusätzlichen Kosten verbunden und kann unabhängig vom legalen Status begonnen werden. Das Bildungsmodell basiert auf einem sogenannten Blended-Learning Konzept, das Online- und Offline- Angebote miteinander kombiniert. An dem Programm nehmen bereits weltweit 27 Hochschulen teil, die einen Abschluss in den Fachrichtungen Wirtschaftswissenschaften, Informatik, Sozialwissenschaften und Ingenieurwissenschaften ermöglichen. Darunter befinden sich zum Beispiel die RWTH Aachen, die FH Lübeck und die Science Po. Dabei wird das Online-Lernen auf dem virtuellen Kiron-Campus mit der Dauer von ein bis durchschnittlich zwei Jahren nach erfolgreicher Bewerbung an einer Partnerhochschule durch einen Abschluss an einer Partnerhochschule komplettiert. Das Präsenzstudium nimmt weitere zwei Jahre in Anspruch. Durch neueste Technologien mit Onlinekursen von renommierten Anbietern kann ein wirkungsvoller Lerneffekt erzielt werden. Zusätzliche Offline- und Online-Angebote wie Mentoring, Study Center, Sprachkurse, ein Buddyprogramm und Psychosoziale Beratung unterstützen die Studierenden bei ihrem Lernerfolg.
Mentoren und Mentorinnen aus Unternehmen für geflüchtete Studierende
Es bestehen jedoch auch weitere Möglichkeiten, Kiron und somit Geflüchtete zu unterstützen. In Form von Corporate Mentoring, Spenden, Praktika- oder Arbeitsplatzvermittlung können sich Unternehmen einbringen. Geflüchtete erhalten somit neben dem Studium auch eine berufliche Perspektive.
Das Mentoringprogramm ist ein essentieller Bestandteil: Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnen eines Unternehmens können aus einer freiwilligen Initiative heraus teilnehmen. Sie erhalten eine professionelle Schulung als Mentorin oder Mentor und können anschließend entweder innerhalb der regulären Arbeitszeit aus dem Büro heraus per Video-Chat oder vor Ort Geflüchtete unterstützen. Kiron arbeitet mit “ROCK YOUR COMPANY!” und “Volunteer Vision” zusammen, die die Offline- und Online-Schulung von Mentoren und Mentorinnen übernehmen.
ROCK YOUR COMPANY! und Volunteer Vision
“ROCK YOUR COMPANY!” bietet hierbei sechsmonatige Vor-Ort-Schulungen für die Studierenden an, deren Mentoren und Mentorinnen zuvor jeweils eine eintägige Schulung erhalten. In einem zweiten Block werden die Paare gebildet und es finden die ersten Gespräche statt. Dabei werden Ziele festgelegt und die Studierenden absolvieren ein Training zur Potentialentfaltung und Berufsorientierung. Auch die Mentoren und Mentorinnen werden durch zwei Supervisionen und durch begleitende Unterlagen regelmäßig betreut. Die Treffen finden alle zwei Wochen für jeweils eine Stunde in Persona statt.
Im Bereich Online-Mentoring engagieren sich die Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnen von ihrem Arbeitsplatz aus insgesamt vier Monate lang, in zehn wöchentlichen Trainingseinheiten von jeweils einer Stunde. Über eine Online-Plattform mit Videochat können sich die Mentoring-Paare miteinander verbinden und gemeinsam durch die Begleitmaterialien jeder Mentoring-Einheit arbeiten. Die Vorbereitung erfolgt durch ein dreistündiges Webinar, welches die Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnen auf ihre Rolle als Mentorin oder Mentor vorbereitet. Die Verbindung entsteht über einen Paar-Algorithmus, dann wird ein Treffen im Video-Chat angeschlossen. “Volunteer Vision” ist für die inhaltliche und technische Betreuung zuständig.
Schulungen Online und vor Ort: Bedarfsgerechte Unterstützung
Generell bekommt ein Geflüchteter entweder eine Online- oder eine Vor-Ort Schulung mit jeweils einem der Partner angeboten. Das Unternehmen, das seine Beschäftigten einbindet, kann so seine Arbeitgeberattraktivität steigern, die Entwicklung der Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnen stärken, die interkulturellen Kompetenzen fördern und durch eine Wirkungsmessung des Programms auch die Öffentlichkeitsarbeit unterstützen. Kerstin Sandow, Corporate Relations Manager bei Kiron, ergänzt: “Es ist nicht zwingend notwendig, dass die Paare aus derselben Studienrichtung kommen. Wichtig ist eher, dass die Mentorin oder der Mentor Erfahrungen mit einem Hochschulstudium gesammelt hat und in der Lage ist, die Studierenden auf ihren beruflichen Werdegängen zu begleiten.”
Studenten können sich als “Buddy-Partner” engagieren
Mich interessiert, ob auch Studierende zu Mentoren oder Mentorinnen werden können oder ob man zwangsläufig bereits in einem Unternehmen beschäftigt sein muss. “Vorerst bieten wir das Mentoring-Programm nur für die Beschäftigten eines Unternehmens an. Als Studierender ist man herzlich dazu eingeladen, bei unserem Buddy-Programm mitzumachen. Hier werden Studierende einer deutschen Hochschule mit einem interessierten Kiron-Studierenden zusammengebracht. Das Buddy-Paar erhält eine Einführung durch Kiron und kann dann eigenständig entscheiden, wie oft und zu welchen Themen es seine Treffen gestaltet.”
Studium an einer Partnerhochschule nach der Online-Phase
Nach Abschluss der Online-Phase ist der Übergang an eine Partnerhochschule vorgesehen. “Der Zeitpunkt des Transfers hängt dabei von zwei Hauptfaktoren ab: Erstens der Vorweis aller benötigten Papiere und zweitens eine bestimmte Anzahl an abgeschlossenen Kursen. Der Studierende steigt dann in der Regel in das dritte Fachsemester ein. Wir erwarten im Jahr 2017 die ersten Transfers an Partnerhochschulen.”
Stipendien sind essentiell
Die Kosten für ein Stipendium liegen bei 3.500 Euro. “Die Finanzierung von Stipendien ist für Kiron essentiell, um unseren Studierenden ein kostenfreies Studium zu ermöglichen“ sagt Frau Sandow und erklärt, dass ein großes Unternehmen bereits 100 Stipendien möglich gemacht hat.
Geschätzt studieren 50% der mittlerweile 2.000 Studierenden weltweit; 36% im Bereich Wirtschaftswissenschaften, 30% im Bereich Informatik, 17% im Bereich Ingenieurwissenschaften und 17% im Bereich Sozialwissenschaften.
Spenden als Privatperson
Nicht nur Unternehmen, auch Privatpersonen können spenden. “Kiron freut sich über Spenden durch Privatpersonen sowie Unternehmen. Privatspender können über die Plattform betterplace.org eine Spende an Kiron richten.” so Kerstin Sandow. “Wir fordern Unternehmen gerne dazu auf, an einer Spendenverdoppelungs-Kampagne teilzunehmen, das heißt, für jeden Euro, den die Beschäftigten per betterplace.org an Kiron spenden, spendet das Unternehmen einen Euro selbst.” So wird der Zusammenhalt gestärkt und gemeinsam innerhalb des Unternehmens soziale Verantwortung übernommen. Kiron arbeitet auch mit Workeer, einer deutschen Jobplattform für Geflüchtete, zusammen. Auf der Plattform bieten Arbeitgeber derzeit über 2500 Job- und Praktikamöglichkeiten für geflüchtete Menschen an.
Zugangsvoraussetzungen für Geflüchtete
Ich möchte von Frau Sandow wissen, welche Zugangsvoraussetzungen für einen Geflüchteten bestehen. “Der Status als Geflüchteter, Grundkenntnisse in Englisch, welche zum Studieren ausreichen oder in unseren Programmen gefördert werden können sowie Motivation. Darüber hinaus müssen zwei Kursvideos absolviert werden. Generell kann man kein Studium fortsetzen, sondern einfacher in das bestehende Bildungssystem einsteigen. Daher verstehen wir uns als eine Art Brücke zur Hochschule.” Das bedeutet: Jeder Geflüchtete kann sich für ein Online-Studium bei Kiron bewerben. Dazu genügt ein Motivationsschreiben und der Nachweis von Englischkenntnissen über einen kleinen Test. “Wir und unsere Partnerorganisationen gehen aktiv in Flüchtlingsunterkünfte, um auf uns aufmerksam zu machen. Aber auch die Öffentlichkeitsarbeit über die sozialen Plattformen im Internet funktioniert sehr gut” erklärt Kerstin Sandow. Das klingt nach einer vielversprechenden Zukunft für das Projekt und seine Studierenden.
Sie möchten Kiron mit einer Spende unterstützen?
Weitere Informationen zum Buddyprogramm
Für weitere Informationen zum Mentoringprogramm und Kiron steht Ihnen Kerstin Sandow (kerstin.sandow@kiron.ngo) zur Verfügung.
Fotos: Kiron Open Higher Education gGmbh
Dieser Beitrag ist im Rahmen der GLS Blog-Kooperative entstanden.